Lachyoga mit Robert Butt in den Medien
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“Haha Hohoho"
Bericht von Oliver Lück
In Winterhude treffen sich die Teilnehmer eines Lachclubs, um einmal in der Woche über sich selbst zu lachen, Klinikclowns gehen auf Visite in Krankenhäusern, da Lachen gesund ist, in einer kleinen Eimsbütteler Bar beölt sich das Stammpublikum über eine satirische Late Night Show und in einer Schule lernen Nachwuchsclowns, wie man Menschen zum Lachen bringt - in Hamburg gibt es Orte, an denen besonders und viel gelacht wird. Am 4. Mai, dem Weltlachtag, werden sich auch in der Hansestadt heitere Menschen treffen, um in gemeinsames Gelächter auszubrechen.
Es ist Lachtag. Im Terminkasten der Winterhuder Heilandskirche hängt das Angebot für den heutigen Mittwoch: „10 Uhr Bibelstunde. 18.30 Uhr Lachseminar." Die Kirchturmuhr zeigt 18.32 Uhr. „Zeit zu lachen", sagt Robert Butt, der Seminarleiter. Zehn Frauen und ein Mann stellen sich in einem kleinen Saal der Kirchengemeinde im Kreis auf. Zunächst eine Entspannungsübung - tiefes Einatmen, tiefes Ausatmen, die Arme schwingen üben den Kopf und vor die Knie. Dann spreizt Robert Butt seine Finger, klatscht in die Hände, stimmt ein schnelles rhythmisches „Haha Hohoho, Haha Hohoho, Haha Hohoho" an und beginnt im Raum herumzuhüpfen. "Klatschen und lachen", ruft er. Die Seminarteilnehmer fallen sogleich mit ein, laufen und springen herum, „Haha Hohoho" schallt es durch den Saal. Nach wenigen Augenblicken bereits lacht die gesamte Gruppe, überall weit über die Ohren grienende Glücksgesichter. Keiner hat einen Witz erzählt, niemand etwas Lustiges gesagt oder getan. Eine Frau verfällt in ein hohes, glucksendes Lachen, klopft sich auf die Schenkel, kann sich gar nicht mehr einkriegen. „Wieso lachen Sie?", fragt Butt. „Ich weiß nicht", antwortet sie und johlt. Es wird gelacht, ohne einen Grund zu haben. „Wenn man lacht, ist man glücklich, man fühlt sich gut", sagt Butt, „das ist doch Grund genug."
Seit zwei Jahren leitet der 48Jährige einmal in der Woche den Winterhuder Lachclub. In den kalten Monaten trifft man sich im Saal der Heilandskirche, von Mai bis Oktober wird unterfreiem Himmel im Stadtpark gelacht. „Wir lachen auch bei Regen", sagt Butt. Ganz nach indischem Vorbild. Denn Lachclubs haben ihren Ursprung in den Parks von Mumbai, wo es heute alleine 76 Vereine gibt. Auch Butt, der einst für eine englische Ölfirma auf einer Bohrinsel in der Nordsee arbeitete und 1979 nach Hamburg kam, entdeckte in der westindischen Millionenstadt das Lachen. Dort ließ er sich von dem als „Lachdoktor" bekannten Madan Kataria, der seit Mitte der 90er Jahre Lachyogakurse leitet, zum Lachtrainer ausbilden. „Lachen ist eine Weltrevolution", gibt Kataria seinen Schülern mit auf den Weg.
Und die Lachbewegung wächst beständig, heute gibt es weltweit über 1400 Clubs, davon 40 in Deutschland, einen in Hamburg.
Nächste Übung: Begrüßungslachen. Zwei Teilnehmer schütteln sich die Hände, schauen sich dabei in die Augen und lachen sich lauthals an. Nach wenigen Minuten hochrote Köpfe, auf mancher Stirn stehen die Schweißperlen. „Lachen ist aber anstrengend", pustet eine. Was eine andere wiederum so komisch findet, dass sie sich ausschüttet vor Lachen - ein wieherndes, keuchendes Kreischen, das bei jedem Atemzug japsend erstirbt, dann aber wieder um so stärker aus ihr herausbricht. Als sie sich beruhigt hat, werden Lachlaute wie „Hihihi", „Hohoho" oder „Huhuhu" geübt. Die Lungen, Zwerchfelle und Bäuche vibrieren. Es folgt erneut eine Atemübung, gekichert wird trotzdem. Stets finden sich Mitlacher, die sich sofort vom Lachvirus, einer Infektion ohne Inkubationszeit, anstecken lassen. Aus einer Teilnehmerin platzt es einfach heraus, als ob jemand den kuriosesten Witz aller Zeiten erzählt hat. Zwischendurch immer wieder in die Hände klatschen und lautes „Haha Hohoho, Haha Hohoho". „Damit stimulieren wir die Akupressurpunkte", erklärt Butt. Nun das Löwenlachen: Zunge so weit wie möglich rausstrecken, Grünasse schneiden, die Hände rechts und links an den Kopf und die Finger zu Krallen werden lassen - „hääääh hääääh hääääh" machen die Lachschüler.
Plötzlich steckt eine Frau, die sich verspätet hat, den Kopf zur Tür herein. „Lachen?", fragt sie. „Häääh, häääh, häääh", entgegnet eine andere mit ausgestreckter Zunge. Alles lacht. Die Frau tritt lächelnd herein. Es folgen weitere Disziplinen wie das Presslufthammerlachen, das Über-sich-selbst-Lachen, das Schnarchlachen oder das Handy-Lachen, bei dem in ein imaginäres Mobiltelefon gelacht wird. „Durch die Absurdität der Übungen und da diese manch einem peinlich sind, entsteht eine lustige Atmosphäre", sagt Butt, „wir erzeugen ein künstliches Lachen, das bei vielen in ein natürliches umschlägt - der Intellekt sagt, da gibt es nichts zu lachen, der Körper tut es aber trotzdem."
„Jeder kann Lachen lernen, auch ohne Humor zu haben"
Heidi kann schon nicht mehr vor Lachen, sackt in sich zusammen und kringelt sich auf dem Parkettboden. Lachen in Ekstase. „Sie ist eine unserer fleißigsten Lacherinnen und seit zwei Jahren dabei", lobt Butt. „Lachen macht süchtig", sagt sie selber, „im Lachclub kann ich die Sau rauslassen und zugleich Energie auftanken, die für Tage anhält. Wenn ich gut gelacht habe, kribbelt mein ganzer Körper." Andere seien da, weil sie das Lachen
verlernt hätten und es nun neu lernen wollten. „Meine Altersgenossen erzählen mir immer nur, wie krank sie sind. Das will ich mir aber nicht mehr anhören und gehe lieber einmal die Woche zum Lachen", sagt Ingeborg, 75, „sonst gibt es in der heutigen Zeit nicht viel zu lachen."
Auch Lachprofi Robert Butt meint, dass „viel zu wenig gelacht wird. Die meisten gehen mit ernsten Gesichtern zur Arbeit und kommen mit ernsten Gesichtern nach Hause. Man muss damit anfangen, über sich selbst zu lachen, doch das können die wenigsten." Statistisch betrachtet lachen die Deutschen nur noch sechs Minuten am Tag, in den 50er Jahren war es dreimal so viel. „Vielleicht liegt es daran, da weniger miteinander kommuniziert wird und man mehr für sich lebt. Lachen ist Kommunikation." Die Menschen verlören mehr und mehr ihren Zugang zu Emotionen, glaubt er, „viele haben Probleme mit dem Lachen wie auch mit dem Weinen".
Beim Lachen steige man aus jeglicher Selbstkontrolle aus. Ein selbstvergessener Ausnahmezustand, ein Ausdruck von naiver Lebensfreude. Daher sei es auch möglich, Lachen zu lernen, sagt Butt, ohne dass dabei der Sinn für Humor eine Rolle spielen müsse. „Humor ist eine andere Sache und viel zu verschieden. Menschen, die sehr stark über den Intellekt gesteuert sind, haben zum Beispiel Probleme mit manchem Humor. Durch das Lachyoga findet man aber oft einen besseren Zugang." Zudem wirke eine Minute Lachen wie zehn Minuten Joggen. Es stimuliere das Gehirn, trainiere das Herz, fördere die Atmung, stärke das Immunsystem und reduziere Stresshormone. Sagt Robert Butt und sagen Lachforscher, so genannte Gelotologen, die auch herausgefunden haben, dass beim Lachen über 70 Muskeln im Körper beansprucht werden. „Es wirkt präventiv", weiß Butt, „lache also, bevor du krank wirst."
Eine Einstellung, die sich auch Robert Butt für den 4 Mai von möglichst vielen Hamburgern erhofft. Der Leiter des Winterhuder Lachclubs möchte, dass sich alle Lachwilligen, am Weltlachtag, der seit nunmehr sechs Jahren jährlich stattfindet, auf dem Rathausplatz versammeln, um gemeinsam Lachübungen zu machen. Es soll Wettbewerbe geben, in denen das ansteckendste und das komischste Lachen prämiert werden. Angesichts der Vorstellung, dass 5000 Menschen oder mehr das Löwenlachen machen und ein tausendkehliges „Hääh Hääh Hääh" zuhören ist, lächelt Butt. „Ein toller Gedanke." Dann lacht er, verabschiedet sich, steigt in seinen Honda. Als er um die Ecke biegt, lacht er immer noch. Auf der Heckklappe des Wagens ein Aufkleber, der die Gefühlswelt des Robert Butt nur zu gut beschreibt: “I love to laugh.”
Quelle: aus der letzten Ausgabe des Hamburger Magazins “1/4 nach 5” im Mai 2003